23. Westerwälder Literaturtage
Robert Menasse: Die Erweiterung
Wie kann man die EU erzählen? Am 5. Oktober um 19 Uhr wird der renommierte aus Wien stammende Autor Robert Menasse im Rahmen der 23. Westerwälder Literaturtage zu Gast in Höhr-Grenzhause sein. Im Jugend-, Kultur- und Bürgerzentrum „Zweite Heimat“ liest er aus seinem Erfolgsroman „Die Erweiterung“, der 2023 mit dem europäischen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
Es ist die Fortsetzung zu seinem Buch „Die Hauptstadt“, das von den Kritiken gleichermaßen einmütig hoch gelobt wurde. Zwei Brüder, nicht leibliche Brüder, sondern „Blutsbrüder“, verbunden durch einen Schwur, den sie im polnischen Untergrundkampf gegen das kommunistische Regime geleistet haben, gehen nach dessen Zusammenbruch getrennte Wege. Der eine, Mateusz, steigt in höchste Ämter auf und wird schließlich polnischer Ministerpräsident. Der andere, Adam, macht nach dem EU-Beitritt Polens in der Europäischen Kommission Karriere, in Brüssel ist er zuständig für die Erweiterungs-Politik. Während die Vorbereitungen für die Westbalkankonferenz im polnischen Poznan auf Hochtouren laufen, bittet Adam Mateusz um Unterstützung, doch der beginnt das Beitrittsgesuch Albaniens zu unterminieren. Aus der einstmals tiefen Verbundenheit wird eine unversöhnliche Feindschaft von europäischer Dimension. Auf einer vom albanischen Ministerpräsidenten organisierten Kreuzschifffahrt auf der SS Skanderbeg, zu der er alle Regierungschefs der Balkanstaaten, die EU-Außenminister und sämtliche Vertreter der Europäischen Union eingeladen hat, treffen die beiden wieder aufeinander. Was dann passiert, steht längst nicht mehr in ihrer Macht.
Der politische Konflikt der beiden Blutsbrüder ist aber nur der Rahmen, innerhalb dessen sich eine Vielzahl von Schicksalen entscheidet, kühne Pläne und große Lebensanstrengungen auf die Probe gestellt werden, bis es zum Showdown kommt, auf dem schwankenden Boden eines albanischen Kreuzfahrtschiffs.
Der Roman versucht zu erzählen, was es mit Menschen macht, die auf eine Aufnahme in die Europäische Union hoffen. Wie leben Menschen, deren Einflussnahme auf die europäische Politik auf eine Wählerstimme beschränkt ist – die auf die von ihnen gewählten Repräsentanten angewiesen sind, die oft, so Menasse, keine Ahnung von dem haben, was Europa eigentlich ist.
Menasse ist ein packendes Stück Literatur gelungen: ästhetisches Lesevergnügen und gleichzeitig politisches Lehrstück. Der Abend wird von Martin W. Ramb und Prof. Dr. Dr. Holger Zaborowski moderiert.
Der Vorverkauf läuft bereits: Gebührenfreie Tickets für 18 € sind erhältlich in allen Ticket-Regional- und Reservix-Vorverkaufsstellen. Bei Internetbestellungen über ticket-regional.de können eventuell Gebühren für Zahlungsverkehr und Versand anfallen. Wer keine Vorverkaufsstelle in der Nähe aufsuchen kann, bekommt auf Wunsch die Karten gebührenfrei auf Rechnung von der Programmleiterin zugeschickt: Telefon 02742 1874 (der buchladen Wissen) oder Mail an buchladenwissen@web.de. An der Abendkasse kosten die Karten, wenn noch verfügbar, 22 €.
Robert Menasse, 1954 in Wien geboren, studierte Germanistik, Philosophie sowie Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina. 1980 promovierte er mit einer Arbeit über den „Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb“. Menasse lehrte anschließend sechs Jahre am Institut für Literaturtheorie der Universität São Paulo. Seit seiner Rückkehr 1988 lebt Robert Menasse als Literat und kulturkritischer Essayist hauptsächlich in Wien. 2017 erhielt er den Deutschen Buchpreis für seinen Europa-Roman „Die Hauptstadt“, danach u. a. den Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2022 und den Prix du livre européen 2023.
Martin W. Ramb, Schulamtsdirektor i.K., und Prof. Dr. Dr. Holger Zaborowski, Professor für Philosophie an der Universität Erfurt, sind die Begründer und Leiter der philosophisch-literarischen Gesprächsreihe „DENKBARES – Begegnung mit Menschen und Büchern“. Sie sind u. a. Herausgeber der Begleitbände zum Kultursommer RLP und seit vielen Jahren Kooperationspartner der Westerwälder Literaturtage.